Gemeinnützigkeit in der Satzung und im richtigen Leben

Gemeinnützigkeit in der Satzung und im richtigen Leben

Die Mitgliederversammlung eines gemeinnützigen Vereins beschließt die Änderung einer Satzungsklausel, die für das Fortbestehen der Gemeinnützigkeit von besonderer Bedeutung ist. Dies betrifft die Klausel, in der die Verwendung des Vereinsvermögens bei Auflösung oder dem Wegfall steuerbegünstigter Zwecke des Vereins geregelt ist. Der Verein führte in seiner Satzung noch eine veraltete Fassung dieser Klausel, die nicht der aktuellen Mustersatzung der Finanzverwaltung entsprach. Die Satzungsänderung wird dem Finanzamt zur Prüfung vorgelegt, ob die satzungsmäßigen Voraussetzungen für die Feststellung der Gemeinnützigkeit vorliegen (§ 60 a Abgabenordnung, AO), mit anderen Worten: Das Finanzamt soll prüfen, ob die Satzung sämtliche Klauseln enthält, die für die Feststellung der Gemeinnützigkeit erforderlich sind.

Das Finanzamt beschäftigt sich dann aber überraschenderweise gar nicht näher mit der neuen Klausel, sondern entzieht dem Verein die Gemeinnützigkeit mit einer unerwarteten Begründung: Die Satzung erfülle nicht die satzungsmäßigen Voraussetzungen für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit. Es lägen nämlich bereits Erkenntnisse vor, dass die tatsächliche Geschäftsführung (also die Verwaltung des Vereins) den Anforderungen der Gemeinnützigkeit nicht entspreche.

Der Verein legte Einspruch mit der Begründung ein, zum einen halte sich seine Geschäftsführung – entgegen der Annahme des Finanzamts – an die Vorgaben der Gemeinnützigkeit und zum anderen sei die Prüfung der Satzung nicht der Ort, um die Geschäftsführung des Vereins zu prüfen. Dies gehöre in das Verfahren der Steuererklärung und sei damit im Rahmen der Frage, ob der Verein einen Freistellungsbescheid erhalte, zu prüfen.

Das Finanzgericht Sachsen-Anhalt gibt dem Verein Recht. Nach dem Wortlaut des § 60a Abs. 1 AO werde die Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen gesondert festgestellt. Von diesem (eindeutigen) Wortlaut ausgehend beschränke sich die verbindliche Feststellung nur auf die in der Satzung verankerte Gemeinnützigkeit. Über die tatsächliche Geschäftsführung – also die Frage, ob die Satzungsregelungen im Vereinsleben eingehalten werden – werde hier nicht befunden. Die Erteilung der Steuervergünstigung (Gemeinnützigkeit) werde erst durch den Steuerbescheid (Freistellungsbescheid) entschieden. Eine Kontrolle der tatsächlichen Geschäftsführung finde im Feststellungsverfahren nach § 60a Abs. 1 AO nicht statt. Die tatsächliche Geschäftsführung des Vereins, die auf die Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke gerichtet sein müsse, sei nicht Gegenstand der Feststellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen.

Vor diesem Hintergrund darf die Feststellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen selbst dann nicht abgelehnt werden, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung bereits Erkenntnisse dafür vorliegen, dass die tatsächliche Geschäftsführung des Vereins den Anforderungen des § 51 AO und damit der Gemeinnützigkeit nicht entspricht. Hinsichtlich der Satzung habe das Finanzamt in keiner Weise irgendwelche Einwände vorgebracht, so dass die satzungsmäßigen Voraussetzungen erfüllt seien (Finanzgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 21.04.2020, Az.: 3 V 185/2020).

Ob dieses Ergebnis dem Verein mehr als nur einen Aufschub bringt, ist jedoch fraglich. Denn die Erkenntnisse des Finanzamts beziehen sich im vorliegenden Fall wohl u. a. auf Zuwendungen an Vereinsmitglieder und fehlerhafte Spendenbescheinigungen. Dies wird dann im Rahmen der Steuererklärung (nochmals) näher geprüft.