Wie bekomme ich als Vereinsvorsitzender Entlastung?

Wie bekomme ich als Vereinsvorsitzender Entlastung?

In der Mitgliederversammlung (MV) wird der „Entlastung des Vorstands“ meist große Bedeutung beigemessen. Da in den letzten zwei Jahren pandemiebedingt viele MV nicht stattgefunden haben und daher auch die entsprechenden Entlastungen fehlen, wird nun häufig die Frage gestellt, ob sich daraus für Vorstand und Verein gravierende Nachteile ergeben.

Ist jedoch die besondere Bedeutung der Entlastung überhaupt gerechtfertigt? Was bedeutet „Entlastung“? Zunächst ist festzustellen, dass im Vereinsrecht eine gesetzliche Regelung hierzu fehlt. Die Vereinssatzung kann die Entlastung regeln, muss dies aber nicht. Fehlt auch in der Satzung eine Regelung, besteht keine Notwendigkeit, die Entlastung auf die Tagesordnung der MV zu setzen. Wenn allerdings die Satzung die Entlastung des Vorstands als Aufgabe der MV ansieht bzw. einen entsprechenden Tagesordnungspunkt vorschreibt, gehört dieses Thema auf die Agenda der MV.

In der Regel wird über die Entlastung nach dem Bericht der Kassenprüfer (Rechnungsprüfer, Revisoren) abgestimmt. Üblicherweise beantragen diese die Entlastung, falls sie es für gerechtfertigt halten. Es zählt die einfache Mehrheit, wenn die Satzung nichts anderes bestimmt. Der Vorstand ist nicht stimmberechtigt.

Erteilt die MV die Entlastung, ist dies als Einverständnis mit der Arbeit des Vorstands für das zurückliegende Geschäftsjahr oder einen sonstigen Zeitraum, auf den der Bericht der Rechnungsprüfer sich bezieht, zu werten. Mit diesem Einverständnis verzichtet der Verein für den Entlastungszeitraum auch darauf, rechtliche Ansprüche (z.B. Schadensersatzansprüche) gegen den Vorstand bzw. einzelne Vorstandsmitglieder geltend zu machen.

Allerdings gibt es hierbei eine bedeutsame Einschränkung: Der Verzicht gilt nur für solche Tatsachen und Vorkommnisse, die in den mündlichen oder schriftlichen Berichten des Vorstands oder der Kassenprüfer soweit dargelegt wurden, dass die MV konkrete Kenntnis davon gewinnt. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob jeder einzelne Teilnehmer der MV das notwendige Wissen erlangt, sondern auf die Kenntnisse, die bei „verständiger Würdigung“ durch die zur Verfügung stehenden Berichte und Unterlagen vermittelt werden. Sind die Berichte falsch oder fehlen für die rechtliche Beurteilung wesentliche Umstände, kann der Vorstand später trotz Entlastung in Regress genommen werden. Dies verringert die Bedeutung der Entlastung erheblich. Insbesondere darf kein Vorstandsmitglied annehmen, dass eine Entlastung auch bei verdeckt vorgenommenen Manipulationen wirken würde.

Lehnt die MV die Entlastung ab, so muss dies keineswegs ein Misstrauensvotum gegen den Vorstand sein oder gar heißen, dass der Verein den Vorstand nun in Haftung nehmen wird. Es kann z.B. auch bedeuten, dass die MV sich aktuell noch nicht in der Lage sieht, über die Entlastung zu entscheiden, weil eine Angelegenheit noch nicht vollständig aufgeklärt worden ist.

Die Satzung kann vorsehen, dass auch über die Entlastung einzelner Vorstandsmitglieder abgestimmt werden darf. Es wird die Meinung vertreten, das sei auch ohne satzungsmäßige Erlaubnis zulässig. Dies sollte die MV aber allenfalls in Erwägung ziehen, wenn die mögliche Verantwortung eindeutig einzelnen Personen zugeordnet werden kann.

Es besteht in keinem Fall ein Anspruch auf Entlastung.